Tar-Syndrom
Herzlich Willkommen
Marie
„Jeder hat seine Chance
verdient.“
In der 13. Schwangerschaftswoche erfuhren wir,
dass wir ein besonderes Kind erwarten. Marie
würde zu kurze Ärmchen haben. Nach dieser
ersten Vermutung meiner Frauenärztin begann
eine relativ anstrengende Reise durch die
Schwangerschaft. Feindiagnostiker,
Humangenetiker, Orthopäden,etc. wollten uns
regelmäßig sehen.
Nach und nach fügte sich das große
Fragezeichen und wir wussten in etwa, was uns
erwartet. Die Diagnose TAR-Syndrom stand dabei
zwar aus ärztlicher Sicht nie im Raum, allerdings
hatte ich in der Zeit sehr viel im Internet geforscht
und stieß irgendwann auf das Syndrom. Von da
an war ich mir sicher, dass mein Baby ein TAR-
Baby sein wird.
Kaum auf der Welt, wurde sie auf die
Intensivstation gebracht. Dort erhielt sie ihre erste
Thrombozytentransfusion, da ihre Werte sehr
niedrig waren. Ganz zu unserer Überraschung,
sollte es aber auch erstmal die letzte Transfusion
sein. Nach zwei Wochen durften wir dann auch
mit unserer Maus nach Hause.
Marie war irgendwie von Anfang an eine
Kämpferin. Wir mussten anfangs zwei mal die
Woche ins Universitätsklinikum, um nach ihren
Blutwerten zuschauen. Sie waren immer niedrig,
aber stabil. So brauchte sie bis heute keine
einzige Transfusion mehr. Nun wird nur noch
einmal im Jahr ein Blutbild erstellt und wir
ersparen uns jede Menge angepiekste Finger.
Als Marie vier Wochen alt war, fingen wir mit der
Krankengymnastik an. Vorerst einmal die Woche,
später zweimal die Woche. Marie geht immer
gerne dahin. Unsere Therapeutin ist wirklich
super, sie macht das Ganze so schön spielerisch
mit ihr. Mittlerweile werden ihr die Beinchen
getaped, da eine Fuß- und Beinfehlstellung nicht
ausgeschlossen werden kann. Aus diesem Grund
besuchen wir nun auch regelmäßig die
Orthopädie.
Zwischendurch haben wir es auch zusätzlich mit
Frühförderung versucht. Nach vier Monaten
haben wir das ganze aufgegeben. Es war einfach
nichts für uns. Ausserdem waren wir froh, mal
einfach einen Tag nichts vorzuhaben.
Wenn sie älter ist, werden wir uns auch mit der
Ergotherapie beschäftigen, um den Fokus etwas
auf ihre Händchen zu legen. Denn eigentlich
würden wir diesen Weg lieber ohne OP’s
beschreiten. Dass das möglich ist, wurde uns erst
vor kurzem im Wilhelmstift Hamburg, die
führende Kinderhandchirurgie in Deutschland,
bestätigt. Marie soll vorerst nicht operiert werden.
Die Ärzte sind ganz unserer Meinung, dass eine
OP bei Maries Fehlbildung eher eine größere
Einschränkung in der Funktion bedeuten würde,
als dass es das Ganze verbessert. Diese
Nachricht hat uns sehr erleichtert. Allerdings
sollten wir Schienen anfertigen lassen. Das
haben wir dann auch drei Wochen später
gemacht. Wieder machten wir uns auf den Weg in
das Wilhelmstift zu Maren. Sie hat uns
quietschebunte Handschienen gebastelt, welche
Maries Daumen und „Ellenbogen“ lockern sollen.
Diese Schienen soll sie nur nachts tragen.
Tagsüber darf sie weiteran ihren Fertigkeiten
feilen. Marie fand das Anpassen super spannend
und hat Maren köstlich unterhalten. Zurück zu
Hause haben wir die erste Nacht mit den
Schienen durchgemacht. Nicht, weil sie störten,
sondern weil sie ein ganz tolles Geräusch
machen, wenn man damit irgendwo dagegen
schlägt. Mittlerweile hat sich das aber gut
eingependelt und wir bekommen auch mal wieder
ein bisschen Schlaf.
Das Leben mit Marie besteht aber natürlich nicht
nur aus Besuchen von Ärzten, Chirurgen und
Therapeuten. Sie hat ein ganz tolles sonniges
Gemüt und bringt uns alle immer zum Lachen. Ihr
Handicap interessiert sie nicht sonderlich. Wenn
mal was nicht gleich klappt, dann probiert sie es
einfach weiter. Sie entwickelt sich altersgerecht
und bewegt sich blitzschnell. Das macht sie am
liebsten auf dem Po hopsend. Das Laufen klappt
an der Hand schon sehr gut, aber der Respekt
vorm Loslassen ist doch noch sehr groß. Trotz
Bewegungseinschränkung benutzt sie
hauptsächlich ihre Hände, manchmal nimmt sie
ihre Füße zu Hilfe.
Marie hat unser Leben um eine große Erfahrung
reicher gemacht, die wir nicht missen wollen.
Eltern eines besonderen Kindes zu sein ist
wirklich nicht immer ein Zuckerschlecken, aber
Marie hat uns bereits jetzt schon sehr inspiriert
und unseine neue Sichtweise auf das Leben
gegeben. Sie ist unser kleines Wunderkind.
Madeleine mit Marie